Bio Gemüse Aufbereitung und Vermarktung Terraviva
Bio Gemüse Aufbereitung und Vermarktung Terraviva
Bio Gemüse Aufbereitung und Vermarktung Terraviva

16.05.2023

Die Terraviva damals, heute und morgen

Die Produzentenorganisation Terraviva ag steht für hochwertige Bio-Gemüse und Früchte. Damit diese noch besser aufbereitet werden können, baut das Unternehmen in Kerzers FR ein neues Betriebsgebäude. Damit macht sich die Produzenten-Organisation, die eine sehr bewegte Vorgeschichte hat, fit für die Zukunft.

Auf dem Gelände der Terraviva ag an der Moosgasse 34 in Kerzers FR war unlängst viel los. Zwei Dutzend Besucher haben sich an diesem Nachmittag um Stefan Leuenberger versammelt. Er verteilt ihnen weisse Helme. Ab geht’s zur Besichtigung des neuen, weitläufigen Betriebsgebäudes, das in den Himmel wächst. Der Leiter der Baukommission informiert darüber, was hier entstehen soll.

Neubau Lagerhallen zur Lagerung von Bio Gemüse aus dem Seeland

Modern und nachhaltig

Stefan Leuenberger führt durch den Rohbau des neuen Gebäudes, das für die Lagerung und Aufbereitung von Bio-Gemüse entsteht. Auf dem Gelände, wo vor ziemlich genau einem Jahr der Spatenstich gefeiert wurde, ragen nun bereits Mauern auf mehreren Etagen in die Höhe. Da und dort sieht man schon erste Holzauskleidungen. Das Holz ist aus nachhaltiger Schweizer Herkunft. Das freut auch Rolf Etter, Vizepräsident der Terraviva ag. Der Bio-Gemüseproduzent aus Ried bei Kerzers FR spricht über die Herausforderungen, die mit diesem Bau verbunden sind: «Wir sind damit in eine sehr schwierige Zeit gefallen. Die Kosten für den Bau sind innerhalb von zwei Jahren durch die Teuerung extrem angestiegen. Auch der Holzpreis ist stark gestiegen», sagt er. Deshalb habe man auf Schweizer Holz zurückgegriffen.  «So freuen wir uns auf das neue Gebäude mit seiner schönen Holzfassade.»

Neubau Lagerhallen zur Lagerung von Bio Gemüse aus dem Seeland

Für die Terraviva ag sei das ein Riesenschritt, so Rolf Etter. «Es wird auch für die Kunden ein extremer Vorteil sein.» Die Anlage wird auf dem neuesten technischen Stand stehen. Neu hinzu kommt auch ein Hygieneraum. Dort können zukünftig beispielsweise Karotten geschält und vakuumiert werden. In einem neuen Bürotrakt sollen zudem alle Büros neu an einem Ort vereint sein. Auch auf Nachhaltigkeit ist der neue Bau ausgerichtet. Es wird Fotovoltaik und eine ressourcenschonende Wasserrecycling-Anlage geben. Die Rohbauarbeiten sollen im Herbst 2023 abgeschlossen sein. Anschliessend folgt der Innenausbau und die Betriebseinrichtungen. Der Bezug des Neubaus ist per Ende 2024 vorgesehen.

 

«Die alte Halle platzt aus allen Nähten»

Die Männer und Frauen, die hier mit weissen Bauhelmen und Gummistiefeln über Kabel, Pfützen und Planen laufen, sind Mitglieder der Produzenten-Organisation Terraviva ag. Unter ihrem Dach versammeln sich über 80 aktive Bio-, Früchte- und Gemüseproduzent:innen. Viele kommen aus dem Seeland, wo die Terraviva ag führende Anbieterin von Biogemüse- und Früchten ist.

Auf der Tour spricht Rahel Bonny, Leiterin interne Dienste und strategische Projekte sowie stellvertretende Geschäftsführerin, über den Grund des Neubaus: «Terraviva ag ist über die letzten Jahre stets gewachsen. Die alte Halle ist veraltet und platzt aus allen Nähten.»

Das kann auch Rolf Etter bestätigen: «Das Tolle ist, dass wir eine solch gute Entwicklung haben, dass wir gezwungen waren, einen Neubau zu realisieren.» Zufrieden bilanziert er: «Wir mussten in den vergangenen Jahren immer wieder hart kämpfen. Aber dank treuen Kund:innen haben wir es geschafft , dass wir den Biomarkt ausbauen und sich die Terraviva ag weiter entwickeln konnte.»

Baustelle Neubau Lagerhallen zur Lagerung von Bio Gemüse aus dem Seeland

Ein Generationenprojekt

Die Terraviva ag hat mit der Investition in ihre neue Halle Mut bewiesen. Obwohl diese im Rahmen eines Projektes zur regionalen Entwicklung von Bund und Kanton Freiburg finanziell unterstützt wird, ist es ein wichtiges Unterfangen. «Für Terraviva ist es eine sehr grosse Investition. Es ist ein Generationenprojekt», betont Rahel Bonny.

Herausfordernd war nicht nur die Verfügbarkeit des Baumaterials, sondern auch die Planungsphase: «Hier ging es darum, nichts zu vergessen und alles genau anzusehen. Beim Bezug der neuen Halle geht es darum, neue Prozesse zu berücksichtigen. Vor allem mit den neuen Anlagen im Bereich der Lagerware.»

Eine weitere Herausforderung für die Terraviva ag: In diesem Jahr hat sich der Bio-Gemüsemarkt nach der grossen Nachfrage während den Corona-Jahren weniger positiv entwickelt. Die Nachfrage ist zurückgegangen. Die zukünftige Entwicklung des Bio-Marktes beschäftigt auch Rahel Bonny: «Wir hoffen, dass der Trend wieder aufwärts geht und wir erweitern aktiv unsere Absatzkanäle.»

In den Händen der Produzent:innen

Bei der Terraviva ist es immer darum gegangen, dass die Produzent:innen sich gegenseitig unterstützen. Damals wie heute gehe es laut Rolf Etter darum, «dass die Produzent:innen fair behandelt werden und der Gewinn auf allen Stufen der Wertschöpfungsketten fair verteilt wird.»

Wer sich während der Baustellenbesichtigung umhört, erfährt: Die Produzent:innen sind sich der Einmaligkeit von Terraviva bewusst, denn: «Die Terravia ag ist die  einzige Organisation, die Gemüse vom Bauer direkt in den Laden bringt», sagt Rolf Etter.

Und noch etwas ist einmalig: Die Terraviva ag liegt in den Händen der Produzent:innen. Rolf Etter dazu: «Es ist das gleiche Prinzip wie 1946 mit der AVG, der Anbau und Verwertungsgenossenschaft. Heute sind wir jedoch keine Genossenschaft mehr, sondern eine Aktiengesellschaft.»

 

Bewegende Gründungsgeschichte

Woher dieser Sinn für Gemeinsamkeit unter Bioproduzent:innen kommt, zeigt der Dokumentarfilm «Zwischen Zorn und Zärtlichkeit» des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FiBL. Kenner der Terraviva wissen: Das Unternehmen, das heute den Bio-Gemüsemarkt auf vielfältige Weise prägt, hat eine lange und bewegte Vorgeschichte: Dr. Hans Müller gründete 1946 die AVG  in Galmiz als eine Vermarktungsorganisation für Bioproduzent:innen. Der 1891 im Emmental geborene Sekundarlehrer war dafür der richtige Mann. Dr. Hans Müller war ein Pionier. Er hat immer an den Bioanbau geglaubt. Lange, bevor es Bio-Zertifizierungen und Labels gab.

In der Bauernheimatschule Möschberg BE praktizierten er und seine Frau den organisch-biologischen Landbau. Lange wurde er dafür belächelt, galt als Querdenker und versponnener Visionär. Bioanbau war Anfang des 20. Jahrhunderts weit davon entfernt, gesellschaftlich und politisch etabliert zu sein.

Rolf Etter erzählt: «Es gibt noch ganz wenige ältere Leute, die ihn gekannt haben. Einige haben bei ihm während den Ferien gejobbt.» Dr. Hans Müller, sagt Etter, sei ein spezieller Mann gewesen. «Er hatte eine klare Sicht, wie man produzieren musste.»

Gemeinsam mit vielen Biobauern trug Dr. Hans Müller viel dazu bei, dass in den 1950/60er Jahren zahlreiche Bioproduzent:innen ihre Höfe nach den Prinzipien des organisch-biologischen Landbaus zu bewirtschaften begannen. Die Vermarktung von Bioprodukten und die gemeinsame Zusammenarbeit wurde immer wichtiger. «Dr. Hans Müller hat diese Vermarktungsplattform wirklich vorwärtsgebracht», sagt Rolf Etter.

Paketversand-Pionier

Die Terraviva (damals AVG) waren die ersten, die in den 1950er-Jahren Gemüsepakete verschickten. 7‘000 Pakete wurden pro Woche von Kerzers aus in die ganze Schweiz versandt. «Ich kenne noch Leute, die diese Gemüsepakete verpackt haben», erzählt Rolf Etter. Alles sei über die Post gelaufen. Leider sei das Projekt daran auch gescheitert: «Da die Pakete oft zu lange unterwegs waren, verfaulte die Ware oft auf dem Weg zum Kunden.»

 

Sitzungen in langen Unterhosen

1993 wurde Coop Naturaplan lanciert. Die Genossenschaft wurde von Coop angefragt, ob sie Bioprodukte liefern könne. Der Start war nicht einfach. «Das Problem war, dass die Biobauern nicht gewohnt waren, nun solch grosse Mengen zu liefern», erzählt Rolf Etter. Die dafür notwendigen Strukturen fehlten. 1996 fiel die Genossenschaft dazu noch in eine finanzielle Krise. Einige Produzenten, darunter Rolf Etter, stemmten sich jedoch gegen das Aus des traditionsreichen Unternehmens.

Es kam zum Neuanfang. Die Genossenschaft wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Ernst Mäder, ehemaliger Gemeindepräsident von Ried, wurde erster Geschäftsführer. Auch hier weiss Rolf Etter eine amüsante Anekdote zu erzählen: «Ernst Mäder setzte während der Krise den Sparhebel an und sparte beim Heizen. So froren wir und wir sassen jeweils mit Ski-Jacken und langen Unterhosen im Sitzungsraum und hielten Verwaltungsratssitzungen ab.»

Es summt auf dem Terraviva-Gelände

Zurück in die Gegenwart: Heute brummt der Laden. Die Produkte stammen zu zwei Dritteln aus dem Seeland. Die Produktion wird dabei von den erfahrenen Familienbetrieben übernommen, die alle Mitglieder der Terraviva ag/sa sind.

Rolf Etter, der vor über 20 Jahren auf Biogemüse umgestiegen ist, ist einer der Bioproduzenten, der auf dem Gelände der Terraviva ag präsent ist und Biogemüse abliefert. Als der Lastwagen seines Betriebes Bioleguma früh morgens ankommt, ist schon viel los. Täglich liefern hier die Produzenten ihr Gemüse ab. In den Anhängern lagern Produkte wie Kartoffeln, Karotten und Salate. Mitarbeitende nehmen die Ware in Empfang.

In der alten Halle werden die Produkte grundgerüstet. Es geht zu wie in einem Bienenhaus. Salate und Karotten werden beispielsweise gewaschen, Gurken werden mit der Bio Suisse Knospe etikettiert.

Konfektionierung Bio Gemüse für den Handel

In den Büros neben der Halle verarbeiten Mitarbeitende die Bestellungen. Gegen Mittag werden die ersten Paletten an den Detailhandel ausgeliefert oder Kunden wie Gastronomen und Marktfahrer holen das bestellte Frischgemüse ab.

Der Foodmarkt, das beobachtet Rahel Bonny ganz genau, entwickelt sich ständig weiter. «Wir müssen noch mehr Sorten haben, die unsere Kunden geschmacklich mögen», sagt sie selbstkritisch.

Die Kund:innen finden im Sortiment auch die Produkte von ProSpecieRara, die Terraviva ag/sa seit 15 Jahren unterstützt. Durch das Engagement der 1982 gegründeten Schweizer Non Profit-Organisation kehren viele traditionelle und alte Sorten in Gärten, Läden und in die Küche zurück.

 

Gemeinsam weiter kommen

Nicht nur hervorragender Umsatz bringt die Gesichter der Bioproduzent:innen regelrecht zum Leuchten, sondern auch das gemeinsame Zusammensein. Auch Rolf Etter hat schon viele schöne Begegnungen mit Bioproduzent:innen erlebt. Vor allem auf Einladung in deren Betriebe. Unter Bioproduzenten, sagt Rolf Etter, seien zwei Dinge ganz zentral wichtig: «Die gegenseitige Wertschätzung und eine gute Zusammenarbeit mit Kunden.»

 

Im Gespräch mit

Geschäftsführung Terraviva Gemüse Vermarktung

Rahel Bonny

Leiterin interne Dienste und strategische Projekte sowie Stellvertretende  Geschäftsführerin bei der Terraviva ag.

Bio Gemüse Bauer Rolf Etter

Rolf Etter

Vizepräsident der Terraviva ag und Gemüseproduzent der Betriebsgemeinschaft Bioleguma in Ried b. Kerzers

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