23.02.2024

Interview mit Joanna Rouiller – Geschäftsführerin der Association Interprofessionnelle des Vins du Vully

Vully-Weingebiet – ein Miniportrait

Vor 2000 Jahren pflanzten hier die Römer erste Reben. Seit mindestens 600 Jahren trinkt man am Murtensee rote und weisse Weine. Heute ist der Vully mit 160 Hektar Rebland oder 1% der Schweizer Anbaufläche die kleinste der grossen Schweizer Weinregionen. Zwei Drittel der Weinstöcke stehen auf Freiburger Boden, der Rest gehört zum Waadtland.

Seit 2012 verbindet die früher unabhängigen Weinbaugebiete eine gemeinsame, kantonsübergreifende Appellation d’Origine Contrôlée (AOC). Diese landesweit einzigartige Fusion kam nicht etwa freiwillig zustande, sondern auf Druck der Eidgenossenschaft. Eurokompatibilität verbietet es nämlich, dass zwei AOC denselben Namen tragen. Und auf das verkaufsfördernde Herkunfts-Gütesiegel wollte man am Mont Vully nicht verzichten. Der Entscheid zur Zusammenarbeit war klug, wie der Erfolg der Vully-Weine aufzeigt.

24 Weinbetriebe prägen die Vully-Weinregion. Fünf Betriebe sind Bio-zertifiziert, drei davon sind Mitglieder bei PASSION SEELAND bio:logique (Stand Februar 2024). Angebaut werden mehr als 26 Rebsorten. Die Hauptsorten sind Chasselas und Pinot Noir, beliebte Spezialitäten sind Freiburger, Traminer, Pinot Gris, Chardonnay, Gamaret, Garanoir und Gamay.

Association Interprofessionnelle des Vins du Vully

Die Association Interprofessionnelle des Vins du Vully wurde am 1. Juli 2011 gegründet, Geschäftssitz ist Sugiez. Ihr Hauptzweck ist die Stärkung der weinbaulichen Interessen des Vully und die Förderung der Weine aus dem Vully. Die Association nimmt Stellung zu allen eidgenössischen und kantonalen Vernehmlassungen, die in irgendeiner Weise die Themen Reben und Wein berühren.

Joanna Rouiller, Geschäftsführerin der Association Interprofessionnelle des Vins du Vully

Joanna Rouiller ist seit dem März 2021 Geschäftsleiterin. Die diplomierte Kommunikations- und Marketingfachfrau ist im Vully aufgewachsen. Sie erzählt, wie sie zu den Themen Wein und Bio fand: «Wie für viele junge Leute hier war mein erster Job die Mithilfe bei der Weinlese. Das ganze Jahr über werden bei Veranstaltungen wie etwa dem Vully-Winzerfest, der Route gourmande, den offenen Weinkellern usw. unsere ausgezeichneten Weine gefeiert, sodass man schnell auf den Geschmack kommt. Zudem bietet die Region eine grosse Auswahl an regionalen Produkten, die stark in unserer Kultur verankert sind. Ich lege grossen Wert auf ein Leben mit mehr Respekt für unsere Erde. Ich konsumiere weder Fleisch noch Fisch und bevorzuge lokal Produziertes. Bio, wie generell eine umweltfreundlichere Produktion, ist mir sehr wichtig. Mein Lieblingswein ist der Freiburger, ein aromatischer Wein, den man fast nur im Vully findet.»

Warum ist die Association Interprofessionnelle des Vins du Vully bei PASSION SEELAND bio:logique dabei?
Das Projekt zur regionalen Entwicklung (PRE) BioGemüse Seeland mit der Marke PASSION SEELAND bio:logique ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Gemüseproduzentinnen und -produzenten, Akteurinnen und Akteuren der gesamten Wertschöpfungskette sowie des regionalen Tourismus. Genau diese Arbeit hat unser Verband auch für die Winzer im Vully geleistet. Bei uns ist der Weintourismus bereits sehr weit entwickelt. Wir sehen also ein echtes Potenzial und wertvolle Synergien zwischen unseren Verbänden. Die Förderung der Produktion von regionalen und auch biologischen Produkten sowie die nachhaltige Steigerung der Wertschöpfung in der Region gehören zu unseren gemeinsamen Zielen.

Von den 24 Weingütern oder Winzern, die im Vully produzieren, sind drei Pioniere bei PASSION SEELAND bio:logique dabei: Le Petit Château, Javet & Javet und Cru de l’Hôpital, sehr renommierte Weingüter. Was haben diese gemeinsam?
Sie sind dynamisch und aktiv im Bestreben, Synergien mit Partnern zu schaffen, welche die gleichen Werte und Ziele teilen. In Winzerkreisen setzen sie auf ein gemeinsames und kollaboratives Vorgehen.

Ist Bio generell ein Trend im Vully Weingebiet?
Bereits ein Drittel der Weinbaufläche im Vully wird biologisch bewirtschaftet. Abgesehen von der Zertifizierung ist bei allen Winzern eine klare Ausrichtung auf eine umweltfreundliche Produktion auszumachen. Dank des respektvollen Umgangs mit den Böden und der Natur haben sich Flora und Fauna im Vully in den letzten Jahren extrem erfreulich entwickelt. Beispielsweise sind zahlreiche Vogelarten in unsere Rebberge zurückgekehrt, darunter der Wiedehopf, der Neuntöter, der Wendehals und der Grosse Rabe. Erreicht wurde dies dank Massnahmen wie der Platzierung von artspezifischen Nistkästen, alternierendem Mähen der Reihen im Rebberg, damit die Vögel einfacher Nahrung finden können, und einer gezielten winterlichen Pflege der Hecken rund um die Weinberge, was verschiedensten Arten ein passendes Habitat bietet.

Wieso wird die biologische Herstellung von einigen Weingütern nicht besonders hervorgehoben?
Heute arbeiten alle Winzerinnen und Winzer viel umweltfreundlicher. Nachhaltige Techniken oder Bio sind keine Kommunikationsmittel, sondern ein tiefer Wert, den sie teilen. Sie setzen nicht auf Bio, um den Wein zu verkaufen, sondern weil sie verstanden haben, dass der Boden im Rebberg und das Leben, das er enthält, die Grundlage bilden für einen gedeihlichen und umweltfreundlichen Weinbau.

Wie entwickelt sich am Vully der Trend zu Naturwein?
Da entsteht langsam etwas. Wir haben eine neue Generation von jungen Winzerinnen und Winzern, die sich für diese neuen Produkte interessieren. Um die Auszeichnung Naturwein tragen zu dürfen, muss der Betrieb Bio-zertifiziert sein. Die Trauben werden ohne Einsatz von Chemikalien produziert, und auch die Vinifizierung erfolgt ohne jegliche Zutaten. Zudem wird der Wein ungefiltert abgefüllt.

Welche anderen Trends seitens des Weinbaus sind erkennbar?
Wir haben einige Winzer, die Vin Orange (Weisswein, der mit der Maische vergoren wird) und Schaumweine herstellen. Ein klarer Trend geht in Richtung robuster Rebsorten, da der Klimawandel zunehmend Krankheiten und Angriffe auf die Reben mit sich bringt. Resistente Rebsorten reduzieren die notwendigen Massnahmen zur Bekämpfung der Krankheiten.

Machen zunehmende Hitze und Trockenheit den Bio-Reben mehr zu schaffen als anderen?
Nein. Die Weinrebe, die ursprünglich ohnehin Bio war und aus dem Mittelmeerraum stammt, gilt traditionell als trockenheitsresistente Pflanze. Sie kommt gut klar mit viel Licht und hohen Temperaturen und braucht diese sogar, um zu gedeihen. Wassermangel erträgt sie dank ihrer Fähigkeit, den Boden mithilfe eines ausgeprägten Wurzelsystems tief zu erkunden. Ausserdem ist ihr Wasserbedarf im Vergleich zu anderen Kulturen relativ gering. Problematisch werden kann es bei jungen Reben, die bewässert werden müssen, da sie noch keine tiefen Wurzeln haben. Es gibt jedoch Lösungen, um die Reben auf natürliche Art zu schützen, so etwa die Begrünung des Bodens, was die Verdunstung begrenzt und das Belassen der Blätter, um die Trauben vor allzu viel Licht zu schützen.

Gibt es Unterschiede in der Vermarktung von Bio-Weinen im Vergleich zu konventionell produzierten Weinen?
Da sehe ich keinen Unterschied. Im Vully sind wir generell sehr stark auf den Direktverkauf ausgerichtet. Unsere strategisch günstige Lage in der Nähe der Deutschschweiz und grosser Städte wie Freiburg, Neuchâtel und Bern sowie die touristische Attraktivität der Region sind dabei wichtige Vorteile.

Wie schätzen Sie die Zukunft der Weine im Vully ein?
Ich bin sehr optimistisch für die Zukunft. Natürlich ist es nicht einfach, aber wir haben Winzerinnen und Winzer, die ausgezeichnete Weine produzieren. Sie sind dynamisch und motiviert. Wir treffen uns regelmässig zum Austausch, zu Workshops oder Schulungen, um die bisher geleistete Arbeit fortzusetzen. Wir haben keine Angst davor, Neues zu lernen, zu entdecken und zu testen. Wir haben eine proaktive Vision und ziehen alle am selben Strang, um unsere Region weiterhin zum Leuchten zu bringen.

Im Gespräch mit
Joanna Rouiller, Geschäftsführerin der Association Interprofessionnelle des Vins du Vully (AIVV)

Joanna Rouiller

Geschäftsführerin der Association Interprofessionnelle des Vins du Vully (AIVV)

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