An der 3. Ausgabe des Bio-Gipfels trafen sich am Freitag, 03. November zahlreiche Interessierte und Vertreter:innen der Bio-Wertschöpfungskette zu spannenden Referaten und Workshops an der BFH-HAFL. Das Thema des Tages: Nebenströme verwerten oder wie aus «Müll» Innovation entsteht. Mit dabei waren auch Mirjam Holinger des FiBL und Martin Koller der Innoplattform Bio. Zusammen präsentierten sie die ersten Ergebnisse aus einem Pilotprojekt zur Verfütterung von Gemüse-Rüstabfällen an Biomastschweine.
Bei der Bio-Produzentenorganisation Terraviva fallen bei der Aufbereitung von Frischgemüse und Obst täglich Rüstabfälle an. Darunter zum Beispiel Blumenkohl, Salat, Karotten, Äpfel. Die Rüstabfälle gehen in der Regel in die Biogasproduktion. Um diese wertvolle Ressource besser zu nutzen, hat sich die Terraviva an die Innoplattform Bio und ans FiBL gewandt. Mit der Unterstützung von Bio Suisse untersuchten sie schliesslich im Rahmen des Pilotprojekts «Gemüseschwein», wie die Rüstabfälle bei Biomastschweinen eingesetzt werden könnten.
Der Fütterungsversuch fand zu zwei unterschiedlichen Jahreszeiten mit je 24 Mastschweinen auf dem Biohof Schwand statt. Eine Gruppe von Schweinen erhielt eine Futterration mit Gemüse-Rüstabfällen, während die jeweilige Kontrollgruppe mit der bisherigen Ration ohne Gemüse gefüttert wurde. Untersucht wurden unter anderem Gewichtszunahme, Verhalten, und Futterverbrauch der Tiere sowie nach der Schlachtung die Magengesundheit und die Fettqualität des Fleisches. Gleichzeitig wurde auch die ökonomische Machbarkeit der Verwendung von Gemüserüstabfällen geprüft.
An der Tagung präsentierte Mirjam Holinger des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FiBL zuerst die beobachteten Ergebnisse in Bezug zu Tiergesundheit, Verhalten und Schlachtqualität. Das Futter von Schweinen ist oftmals eintönig mit sehr feiner Struktur und die Schweine können sich wenig damit beschäftigen. Der Versuch zeigte auf, dass die mit Gemüserüstabfällen gefütterten Schweine ein etwas ausgeprägteres Spielverhalten hatten. Auch schätzt sie anhand eines Vergleichs mit dem nah verwandten Wildschwein, welches sich natürlicherweise sehr divers ernährt, die gröbere Struktur des Futters grundsätzlich als positiv ein für das Tierwohl. Im Versuch konnte sie beobachten, dass die Schweine das unterschiedlich zusammengesetzte Gemüsefutter gerne frassen. Einzig Fenchel war bei den Schweinen weniger beliebt.
Auch aus ökologisch-ethischer Sicht sieht Mirjam Holinger einen positiven Aspekt in der Fütterung von Rüstabfällen: Sie kann dazu beitragen, einen Teil des Futters zu ersetzen, welcher in direkter Konkurrenz zur menschlichen Ernährung steht.
Bei den Schweinen mit Rüstabfällen in der Ration wurde im Vergleich zur Kontrollgruppe eine etwas tiefere Tagesgewichtzunahme beobachtet. Als problematischer schätzt das FiBL hingegen die Ergebnisse zur Fettqualität ein. Das Fleisch der mit Gemüse gefütterten Schweine misst einen höheren Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Obwohl positiv für die Gesundheit, wird dieses Merkmal in der Branche als qualitätsmindernd bewertet, da dies die Herstellung von Fleischverarbeitungsprodukten erschwert (sog. PUFA-Problematik). Der Grund für die höhere Konzentration an ungesättigten Fettsäuren könnte entweder das Gemüse selbst sein oder aber die restriktive Fütterung, die zu geringeren Fettauflagen bei den Gemüse-Schweinen geführt haben könnte. Für eine erfolgreiche Vermarktung müssten folglich hierzu geeignete Lösungen erarbeitet werden.
In einem zweiten Teil beleuchtete Martin Koller der Innoplattform Bio, welche Nutzen und Herausforderungen die Verwendung der Rüstabfälle aus der Perspektive der Terraviva mit sich bringt. Rüstabfälle sind bei Gemüse unvermeidbar. Diese fallen einerseits bei der Ernte auf dem Feld an (Bsp. Fenchelkraut) oder beim Rüsten bei der Terraviva. Diese zurück aufs Feld zu führen, ist insbesondere im Bio-Anbau problematisch, da damit fruchtfolgebedingte Krankheiten in die Kulturen eingebracht werden können. Die Abfälle müssten hierzu mittels Biogas-Produktion oder Kompostierung hygienisiert werden. Die Verfütterung an Schweine wäre eine hochwertigere und nachhaltigere Alternative. Martin Koller erläutert, dass mit den neu in Kraft getretenen Bio Suisse Richtlinien, welche 100% Biofutter fordern, auch auf den Schweinemastbetrieben Bedarf an nachhaltigen Lösungen für die Fütterung besteht.
Als Herausforderung in der Fütterung von Rüstabfällen nennt er den hohen Gehalt an Wasser. Dies führt zu einem hohen Transportgewicht und entsprechend hohen Transportkosten. Um die Umsetzung der ansonsten positiv bewerteten Verfütterung von Gemüse-Rüstabfällen zu erleichtern, rät er deshalb, an Lösungen zur Senkung dieser Kosten zu arbeiten. Denkbar wären zum Beispiel eine teilweise Entwässerung der Rüstabfälle oder die vermehrte Zusammenarbeit mit Schweinemastbetrieben in der näheren Umgebung des Entstehungsortes.
Bildquelle: FiBL
Der Fütterungsversuch wurde im Auftrag der Terraviva von der Innoplattform Bio und dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL durchgeführt. Er wurde von Bio Suisse unterstützt.
Innoplattform Bio
FiBL Innoplattform Bio Inputreferate Gemüseschwein 03.11.2023
Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL
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